© Generacer - Felix Fahle
05. Dez 24

Vorbildlich und Vorbilder produzieren

Vom CO2-Fußabdruck zum klimapositiven Handabdruck

Ob wir es wahrnehmen oder nicht: Neben Wirtschaft und unserem alltäglichen Konsum haben auch Medien Einfluss darauf, ob und wie wir unser alltägliches Leben klimafreundlich gestalten. In diesem Artikel wollen wir zeigen, wo Wirtschaft, Medien und wir für klimapositive Effekte sorgen und neben dem eigenen CO2-Fußabdruck auch einen klimapositiven Handabdruck entwickeln können.

Was ist eigentlich der Handabdruck?

Der Begriff des „Hand Prints“ – also des CO2-Handabdrucks – ist in Indien entstanden. Im Center für Environment Education (CEE) deutete im Jahr 2007 ein zehnjähriges Mädchen den Begriff des CO2-Fußabdrucks um. Ihre Idee: Statt mit dem Fußabdruck nur die ökologischen Folgen des eigenen Handelns zu messen, kann man auch andere Menschen zu einem klimapositiven Leben anregen. Mit den Füßen sind wir selbst unterwegs, unsere Hände können viel mehr schaffen und vor allem andere Menschen erreichen – mit einem Text, durch ein unterhaltsames Video oder in Form einer Einladung zu einer Informationsveranstaltung übers Energiesparen. Oder mit einem Videospiel. Die Idee wurde im CEE weiterentwickelt und von der Organisation Germanwatch auch in Europa etabliert.

Junges Unternehmen mit spielerischem Handabdruck

Die Metropolregion Stuttgart hat sich in den letzten Jahren zu einem attraktiven Standort für Startups entwickelt, viele davon beschäftigen sich mit Medienproduktion, 3D-Animation und Game-Entwicklungen. Dafür sorgen Absolvent:innen der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg ebenso wie Initiativen aus der Wirtschaftsförderung.  Christoph Rasulius‘ Firma Pixelcloud ist so ein Ludwigsburger Startup, das sich im lokalen Geschäftsklima spürbar wohl fühlt und Lust auf Klimaschutz macht.

Die Firma residiert im Kokolores Kollektiv Hub in der Ludwigsburger Weststadt. Die Startup-Förderung der Stadt Ludwigsburg hilft jungen Unternehmen, hier ihre ersten Arbeitsplätze zu beziehen. Der durch die städtische Wirtschaftsförderung unterstützte Kokolores.space trägt dazu bei, dass Startups von Anfang an gute Kontakte und Netzwerke aufbauen und tolle Produkte entwickeln können.







IT-Startup für Gaming und Spaß am Klimaschutz

Gerade erst haben Rasulius und seine Pixelcloud GmbH im Rahmen der SWR-X-Labs das Virtual-Reality-Game „Green Guardians VR“ entwickelt. Die SWR-X-Labs sind eine Art Innovationsabteilung des Südwestrundfunks. Hier erprobt die altehrwürdige Sendeanstalt mit Hilfe junger, kreativer Unternehmern und agilen Arbeitsmethoden neue, digitale Medienformate.

Dazu zählt das Actiongame „Green Guardians VR“ von Pixelcloud. Die Spieler:innen kämpfen darin in einer virtuellen Zukunft gegen einen gemeinsamen Feind: Das „Environmental Venture Income Leak“ – kurz EVIL. Und wie das so ist: EVIL ist immer und überall. Doch in dem Multiplayer-Spiel finden smarte Gamer:innen Wege, um den Klimaschutz-Gegner mithilfe erneuerbarer Energiepacks, physikalischen Rätseln und schlauem Schabernack zurückzudrängen.

Klimaschutz als Aufgabe für alle – unter dem Motto „Warum retten wir nicht einfach die Zukunft“ setzt Green Guardians VR nicht auf erhobene Zeigefinger, sondern vermittelt seine Botschaft mit unbeschwertem Humor, leicht verständlichen Informationen und spielerischem Erfolg. Das Spiel schafft seinen Handabdruck, indem junge Menschen ab 14 Jahren nicht nur Spaß haben, sondern auch den Zusammenhang zwischen Energiewende, CO2-Ausstoß und sozialer Gerechtigkeit verstehen.

Einen klimapositiven Handabdruck bieten auch eher klassische Medienformate, die zielgruppengerecht aufbereitet zeigen, was gut für unsere Natur ist. Die Dokumentationen der Reihe „Gute Nachrichten vom Planeten“ in der ARD-Mediathek zeigen, wie wir Leben, Natur und Wirtschaft zusammenbringen können: für faire und grüne Mode, für geschützte Lebensräume oder für lebenswerter Städte. Anschauen lohnt sich!

Serie: Gute Nachrichten vom Planeten

Förderung für nachhaltiges Wirtschaften

Wie nachhaltig produzieren Gaming-Entwickler und Medien ihre Produkte? Christoph Rasulius ist sich dessen bewusst, dass die Arbeitsweise seiner Firma einen möglichst positiven Einfluss aufs Klima haben kann. Auch die Ludwigsburger Wirtschaftsförderung unterstützt Startups darin, im Rahmen des Programms „Unsere Stadt – 100% klimaneutral“ und der Kampagne „Lust auf [ ]“ ihren Betrieb möglichst klimafreundlich aufzustellen – etwa mit regionalen Produkten oder Ökostrom für ihre Rechenzentren. Im NaturVision-Talk berichtet er von klimaschonenden Geschäftsreisen, überwiegend Online-Meetings und -Pitches oder hybrid ausgestatteten Arbeitsplätzen, damit Mitarbeitende weniger unnötige Wege zurücklegen müssen.

Im Bereich der Filmproduktion gehen die Maßnahmen für klimafreundliche Produktionen noch weiter und beginnen schon in der Ausbildung. Die Filmakademie Baden-Württemberg (FABW) etwa fordert von Studierenden, ihre eigenen Werke klimaschonend zu produzieren. In ihrer „Roadmap Nachhaltiges Produzieren an der FABW“ gibt die Hochschule vor, dass für alle Produktionen ein „Student Green Consultant“ bestimmt wird, der oder die über die CO2-Bilanzierung des Projekts wacht und sich dafür in einem speziellen Workshop für „Green Shooting“ vorbereitet. Zu den Maßnahmen für klimafreundliche Produktionen gehört eine genaue Berechnung der CO2-Bilanz. Die Vorgaben reichen vom Einsatz von Ökostrom in allen Produktionsschritten über die Nutzung wiederaufladbarer Akkus statt Einweg-Batterien, energieeffizienter Lichttechnik und emissionsarmer Fahrzeuge bis zur Unterbringung und Verpflegung der Filmcrews. Auf diese Weise verankert die FABW klimafreundliche Produktionsmethoden von Anfang an in die Ausbildung des Medien-Nachwuchses.

Was bedeutet die Einblendung „klimaschonend produziert“ im Fernsehen?

Mittlerweile wird dieser Begriff im TV-Programm immer häufiger zu Beginn oder im Abspann von Sendungen eingeblendet. Unter dem Label „Green Motion“ haben TV-Sender, Film- und TV-Produktionsfirmen sowie Online-Videoplattformen im Jahr 2023 Standards für klimaschonende Methoden definiert, an denen sie künftig ihre Produktionen messen wollen. Die Regeln werden durch eine unabhängige Prüfstelle überwacht und gelten seit ihrer Einführung Mitte 2023 auch als Voraussetzung für öffentlich geförderte Kino-, Fernseh- und Video-on-Demand-Produktionen. Die beteiligten sender und Produktionsfirmen verpflichten sich, diese Regeln in immer mehr ihrer Filme und Sendungen anzuwenden. Wieder hat das Thema einen regionalen Anker: Die baden-württembergische Filmförderung MfG war die treibende Kraft für die breite Einführung des Labels. Sie gründete bereits im Jahr 2017 den Green-Motion-Arbeitskreis und treibt das Thema seither voran.







Die Praxis am Set – von klimaschonenden Produktionen zur Geschäftsidee

Ein Label für „Green Shooting“ kann nur mit den passenden technischen Lösungen funktionieren. Felix Fahle produziert selbst Filme und Serien, berät und unterstützt aber auch andere Filmemacher. Mittlerweile arbeitet er auch als Green Consultant für TV- und Filmproduktionen.

Im NaturVision Talk berichtet er von der Schere zwischen den hohen Ansprüchen und der häufig herrschenden Realität. Bei Tatort-Produktionen etwa seien von rund 40 Fahrzeugen für Crew und Technik gerade mal drei bis fünf Elektroautos dabei. Sein Tipp für Produzenten und Filmcrews: „Immer wieder Anfragen zu klimafreundlicher Technik stellen. Diese Nachfragen bringen ein immer besseres Angebot. So kann man langsam, aber sicher etwas bewegen.“

Nicht langsam sondern voller Energie hat Felix Fahle sogar selbst ein spezielles Problem vieler Filmcrews gelöst: Er liefert Drehteams überall dort saubere Energie, wo kein Netzanschluss vorhanden ist. Der notwendige Strom wird dort bis heute meist mit Dieselgeneratoren erzeugt. Sein innovativer Stromaggregat dagegen hat vier Räder und rollt selbst zum Set. Unter dem Namen „Generacer“ baut Felix Fahle Elektroautos so um, dass ihre Akkus über eine Starkstrom-Steckdose bis zu 20 Kilowatt Ausgangsleistung liefern. Das reicht aus, um ein Filmset über mehrere Stunden zu versorgen. Nachschub holt der Generacer dann im Zweifel an der nächstgelegenen Schnellladesäule. Diese Lösung taugt nicht nur für Filmcrews. Auch kleinere Festivals abseits aller Steckdosen lassen sich so mit Energie versorgen. Hatten wir schon erwähnt, wo seine Firma ihren Sitz hat? Na klar, in Ludwigsburg, wo Nachhaltigkeit und Innovation großgeschrieben wird.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen


Wie klimafreundlich ist Online-Gaming und Videostreaming?

Filme und Games können so klimafreundlich produziert werden wie möglich – am Ende landen Sie per Kabel, Satellit oder Internet bei uns Zuschauern. Vor allem um Letzteres wurde in den letzten Jahren öfters diskutiert. „Netflix ist das neue Fliegen“ riefen ältere Zeitgenossen den jungen Online-Natives gern entgegen, wenn mal wieder ein Klimaprotest die Innenstadt blockierte.

Wirklich? Die Wissenschaftsjournalistin Ilka Knigge hat in einem sehenswerten Video der ARD-Alpha-Serie „PlanetB“ die klimarelevanten Einflüssen des Videostreamings ausführlich recherchiert. Ihr Fazit: Mit den CO2-Emissionen langer Autofahrten oder gar einer Flugreise haben datenintensive Onlinedienste wie Netflix, Onlinegaming oder TV-Mediatheken nichts gemeinsam. Dennoch braucht Medienkonsum stets Energie – und die verursacht mehr oder weniger Emissionen, die lässt sich aber kaum exakt messen. Die Art der Datenübertragung etwa spielt eine Rolle für Energieverbrauch und CO2-Impact beim Streaming: Glasfaseranschlüsse sind am effizientesten, ältere Mobilfunkverbindungen am schlechtesten. Den größten Einfluss hat allerdings das Empfangsgerät: Ein XXL-Fernseher verbraucht viel mehr Strom als das Tablet oder Smartphone. In einer Stunde Videostreaming auf dem Smartphone im heimischen WLAN verursacht man allerdings nur wenige Gramm CO2. Noch weniger Emissionen entstehen natürlich, wenn wir mit Freunden Pläne schmieden, wie wir unseren eigenen klimapositiven Handabdruck entwickeln.

 
hat mal Elektrotechnik studiert, arbeitet aber seit vielen Jahren als Journalist, Redakteur und Kommunikator. Seit einigen Jahren arbeitet er an der Mobilitätswende mit und schreibt vor allem über Themen mit klimapositiver Wirkung.
Diskutieren Sie zu
diesem Thema

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert